Das Haus Mouson – eine Frankfurter Erfolgsgeschichte

Aufstieg und Niedergang einer Dynastie

„Creme Mouson“ und „Mouson Lavendel mit der Postkutsche“ waren die Spitzenprodukte des Kosmetika- und Parfümherstellers Mouson. In diesem November jähren sich der 175. Todestag des Gründers August Friedrich Mouson und der 200. Geburtstag seines Sohnes Johann Georg, der das Unternehmen zu einem weltweiten Erfolg führte.

Frankfurt am Main (pia) Im Jahr 1798 ersuchte August Friedrich Mouson den Rat der Stadt um Bürgerrecht und Feuergerechtigkeit. Beides brauchte er, um seine Profession in Frankfurt ausüben zu können. Bereits seit sieben Jahren arbeitete der gebürtige Berliner, der aus einer Hugenottenfamilie stammte, bei der Witwe Held in der Breiten Gasse als Seifen- und Lichterfabrikant. Nun wollte er den Betrieb selbst übernehmen. Auf die Heirat mit einer Frankfurter Bürgerstochter hin erhielt er das dafür notwendige Bürgerrecht. Die Feuergerechtigkeit, die Erlaubnis, in der Werkstatt offenes Feuer – etwa zum Seifesieden – zu betreiben, lag bereits auf dem Haus in der Breiten Gasse und konnte auf Mouson übertragen werden. Mit der Lichterproduktion hatte er bald so viel zu tun, dass er mit dem Erledigen der Aufträge kaum nachkam. Ein Fabrikant namens Bettenhäuser erlangte daher 1805 die Konzession des Rats für einen Konkurrenzbetrieb. Heute kennt ihn niemand mehr. Der Name Mouson dagegen ist noch ein Begriff. Unvergessen ist die „Creme Mouson“, die mit der „Tiefen-Wirkung“, wie die Werbung einst Generationen von Frauen versprach.

Auf dem Weg zu einem Weltunternehmen

Vor 175 Jahren, am 22. November 1837, starb der Firmengründer August Friedrich Mouson. Von seinen neun Söhnen waren drei ebenfalls Seifen-und Lichterfabrikanten geworden. Der zweitjüngste, Johann Georg Mouson, der vor 200 Jahren, am 27. November 1812, in Frankfurt geboren wurde, war vom Vater bereits 1830 als Teilhaber aufgenommen worden und sollte den florierenden Betrieb in der Breiten Gasse einmal weiterführen. Doch als der Prinzipal starb, war der 25-Jährige verhindert: Johann Georg Mouson saß in Festungshaft. Im Zuge der Demagogenverfolgung nach dem Frankfurter Wachensturm 1833 war er als Mitglied des umstürzlerischen „Männerbundes“, der eine demokratische und republikanische Verfassung für Deutschland erreichen wollte, verhaftet worden. Erst nach seiner Entlassung 1839 konnte er die väterliche Seifen- und Lichterfabrik übernehmen. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wies Johann Georg Mouson die Richtung für den Aufstieg von der kleinen Fabrik zu einem weltbekannten Unternehmen. Bereits 1843 gab er der Firma seinen Namen, den sie bis zum Verkauf durch die Familie 1972 behielt: „J. G. Mouson & Co.“. Mit seinem Kompagnon Friedrich Bachfeld verlegte Mouson den Schwerpunkt der Produktion allmählich auf Feinseifen, Parfürmerieartikel und kosmetische Erzeugnisse. Die Firma eröffnete bereits 1851 eine zusätzliche Sodasiederei in Bornheim. In den 1860er Jahren wurden erste Zweigniederlassungen in Paris und London gegründet. Da das Gelände des Frankfurter Stammhauses in der Breiten Gasse nicht mehr erweitert werden konnte, errichtete Mouson von 1879 bis 1881 eine neue Fabrikanlage im damaligen Bergweg, der heutigen Mousonstraße, im Ostend. Am 8. Juni 1894 starb Johann Georg Mouson, der zeit seines Lebens ein aufrechter Demokrat geblieben war, als angesehener Bürger seiner Heimatstadt Frankfurt. Schon 1878 hatte er seine beiden Neffen Daniel und Jacques Mouson als Teilhaber eingesetzt, die die Erfolgsgeschichte des Unternehmens fortschrieben.

Mousonturm als Wahrzeichen

Mit dem Grand Prix der Weltausstellung in Paris 1900 eroberte Mouson endgültig den internationalen Markt. Die Produktpalette umfasste im Katalog von 1898 mehr als 600 Artikel, darunter einfache Haushaltseifen, parfümierte Feinseifen und Lavendelwasser, Blumendüfte wie „Kaiserveilchen“ und „Weißer Flieder“, exotische Parfüms wie „Mikado“ und „Tai Tai“. Im Jahr 1912 schuf August Mouson, Teilhaber seit 1905, als Chefparfümeur die Creme Mouson „mit Tiefen-Wirkung“, die schnell zum echten Verkaufsschlager wurde. Im selben Jahr trat der Ingenieur Fritz Mouson in das Familienunternehmen ein, der die Technisierung der Produktion vorantrieb. Ab 1921 leitete er die bauliche Umgestaltung der Fabrik zu einem modernen Industrieunternehmen. Dessen Wahrzeichen wurde der achtstöckige Mousonturm, der als das erste Hochhaus und als eines der wenigen Zeugnisse expressionistischer Baukunst in Frankfurt gilt. In den Dreißigerjahren, als die Firma angesichts der nationalsozialistischen Herrschaft ihre eingeführte Produktreihe „Alt-Englisch“ mit dem beliebten Lavendelwasser abschaffte, kreierte der neue Juniorchef Hans Mouson das „Mouson Lavendel mit der Postkutsche“ und damit ein weiteres Erfolgsprodukt. Die Postkutsche, die auf die frühere Nachbarschaft des Stammhauses in der Breiten Gasse zur Thurn und Taxis’schen Poststation anspielte, wurde zum Markenzeichen des Hauses.

Jahre des Wiederaufbaus

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Mousonfabrik im Ostend zu 70 Prozent zerstört. Doch unmittelbar nach dem Einmarsch der Amerikaner 1945 nahm Mouson die Produktion wieder auf. Zum ersten Weihnachtsfest nach der Währungsreform 1948 waren die Parfüms „Tai Tai“, „Gamic“, „Juchten“ und „Roma“ wieder zu haben. Zehn Jahre später war der Wiederaufbau des „Hauses der Postkutsche“ um den Mousonturm vollendet. Monatlich wurden hier etwa vier Millionen Tuben Creme, über drei Millionen Stück Seife und über eine Million Flaschen „Mouson Lavendel“ hergestellt. Nach Auseinandersetzungen in der Geschäftsführung, wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Massenentlassungen verkaufte die Familie Mouson 1972 das Unternehmen. Die Produktion im Frankfurter Ostend wurde eingestellt. Geblieben ist hier nur der Mousonturm, der seit 1988 als Kulturzentrum dient. Die Marke Mouson wurde weitergereicht, zuletzt 1995 von der Cassella AG an die L’Oréal Haarkosmetik und Parfümerien GmbH & Co. KG, die die Fabrikation zwei Jahre später von Fechenheim nach Karlsruhe verlegte. Seitdem kommen die Cremes namens Mouson nicht mehr aus Frankfurt.

Sabine Hock

Service PRESSE.INFO, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Feature vom 20.11.2012

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