Machtarchitektur: Klassisches für mehr Respekt

In der liberalen Bürgerstadt Frankfurt war eigentlich kein Platz für monumentale Repräsentationsarchitektur. Als die Deutsche Reichsbank in den Zwanzigerjahren hier ein neues, größeres Verwaltungsgebäude für ihre Hauptstelle errichten wollte, mussten zwei klassizistische Villen im Anlagenring fallen.

Ab 1929 entstand auf den Parzellen in der Taunusanlage 4-5 das Reichsbankgebäude nach Entwürfen des Berliner Architekten Heinrich Wolff, der das Baubüro der Reichsbank leitete. Der langgestreckte Bau war mit drei Geschossen und verkupfertem Walmdach zwar nicht höher als die benachbarten Gebäude, setzte sich aber mit der glatten Steinfassade deutlich von seiner historistisch geprägten Umgebung ab. Wer über den als „Ehrenhof“ gestalteten Vorplatz, unter den steilen Pfeilern des hohen Vestibüls hindurch, in die „Eingangshalle“ schritt, sollte Respekt vor dieser Institution empfinden. Damit scheint das Gebäude den ins Übermenschliche gesteigerten Neoklassizismus der NS-Architektur vorwegzunehmen.

Hauptverwaltung Frankfurt der Deutschen Bundesbank
Hauptverwaltung Frankfurt der Deutschen Bundesbank, Foto: Wolfgang Faust

Die Frankfurter Reichsbank wurde nur wenige Wochen nach Hitlers Regierungsantritt eingeweiht. Die Nationalsozialisten entwickelten schon bald Pläne zur Umgestaltung des Stadtbilds im Stil ihrer monumentalen Herrschaftsarchitektur. So sollte am Mainufer ohne Rücksicht auf die bestehende Bausubstanz ein riesiger Komplex mit einem rotundengekrönten „Haus des deutschen Handwerks“, einem „Haus der NSDAP“ und einem Aufmarschplatz entstehen – doch der der Krieg kam dazwischen.

In der Nachkriegszeit beherbergte das Reichsbankgebäude zunächst die Bank deutscher Länder, aus der die Bundesbank hervorging, dann die hessische Landeszentralbank. Im Zuge von deren Neubau 1984-88 blieb nur die denkmalgeschützte Fassade ohne die ursprünglichen Flügelbauten erhalten. Den rückwärtigen Teil des Anwesens gestaltete die Frankfurter Architektengruppe Albrecht, Berghof, Jourdan, Landes, Müller, Rang neu.

Sabine Hock

Frankfurter Rundschau, Immobilienbeilage, Kolumne „Baustile in Hessen“ vom 23.01.2010

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