Europas größter Kuppelbau

Vor 100 Jahren wurde die Frankfurter Festhalle eröffnet

Sie gilt als eine der bedeutendsten Eisenkonstruktionen des Industriezeitalters in Deutschland. Den entscheidenden Impuls zur Errichtung der Frankfurter Festhalle gab Kaiser Wilhelm II., der auch an der Eröffnungsfeier vor 100 Jahren teilnahm. Das monumentale Gebäude wird traditionell auch für die Ausrichtung von Sportveranstaltungen oder Musikevents genutzt.

Frankfurt am Main (pia) Beinahe hätten die Bläser auf der Balustrade ihren Einsatz verpasst. Gerade noch rechtzeitig konnten sie ihre Fanfaren erklingen lassen, so meldeten die Frankfurter Nachrichten, da „sauste“ auch schon „das stattliche, hellgelbe Automobil mit den Majestäten“ in die Einfahrt zur Festhalle. Eigens zu deren Einweihung anlässlich des 3. Wettstreits Deutscher Männergesangvereine waren Kaiser Wilhelm II. und seine Gemahlin Auguste Victoria an jenem Abend des 19. Mai 1909 eingetroffen. Als das Kaiserpaar seine Loge im Kuppelsaal betrat, erhob sich die versammelte Festgesellschaft von rund 11.000 Personen, um spontan die Kaiserhymne „Heil dir im Siegerkranz“ anzustimmen. Im Gesangswettbewerb der nächsten vier Tage errang der Kölner Männergesangverein den von Wilhelm II. gestifteten Wanderpreis. Eigentlicher Gewinner aber war die Frankfurter Festhalle, die ihre Premiere erfolgreich bestanden hatte.

Der Kaiser gab den entscheidenden Impuls

Bei ihrer Eröffnung vor 100 Jahren wurde die Festhalle in Frankfurt als Europas größter Kuppelbau gefeiert. Schon länger hatte in der aufstrebenden Mainmetropole eine massive Halle für Ausstellungen und Festveranstaltungen gefehlt. Bei früheren Großveranstaltungen waren jeweils provisorische Festbauten errichtet worden, die im Anschluss wieder abgerissen werden mussten. Im Sommer 1905 gab der Kaiser den entscheidenden Impuls: Er ließ durchblicken, dass er Frankfurt zum dauerhaften Austragungsort des alle vier Jahre stattfindenden Wettstreits Deutscher Männergesangvereine erheben würde, wenn die Stadt für eine geeignete Festhalle sorgte. Nun peitschte Oberbürgermeister Franz Adickes das Festhallenprojekt gegen alle Widerstände durch die politischen Gremien. Trotzdem zog sich der im März 1906 ausgeschriebene Architektenwettbewerb über ein Jahr lang hin, bis schließlich der in München wirkende Friedrich von Thiersch als Sieger feststand.

„Sieg der Idee über die Materie“

Nach nur 13 Monaten stand die monumentale Halle im Rohbau. Im Juli 1908 wurde die „Unvollendete“ bewunderter Schauplatz des XI. Deutschen Turnfests. Nach den Turnern zogen wieder Arbeiter und Handwerker in das Gebäude ein, um es unter extremem Termindruck gerade pünktlich zum 3. Wettstreit Deutscher Männergesangvereine im Mai 1909 fertigzustellen. Bei der Einweihung als „Riesenwerk“ bestaunt, das „wie eine Verkörperung des Sieges der Idee über die Materie“ anmutete, gilt die Frankfurter Festhalle heute architekturgeschichtlich als eine der bedeutendsten Eisenkonstruktionen des Industriezeitalters in Deutschland. Dabei ist sie sogar eigentlich nur als Torso anzusehen, denn das ursprünglich von Thiersch geplante Bauensemble mit einem Turm an der Nordostecke, der die Ausstellungshalle mit einem angrenzenden Konzerthaus verbinden sollte, wurde nie realisiert.

Aufstieg zur modernen Messestadt

Noch im Eröffnungsjahr hatte die Festhalle ihren ersten Erfolg als Ausstellungshalle zu verbuchen, als sie von Juli bis Oktober 1909 im Mittelpunkt der spektakulären „Internationalen Luftschiffahrt-Ausstellung“ (Ila) stand. Sofort nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte der visionäre Wirtschaftsdezernent und spätere Oberbürgermeister Ludwig Landmann ein Konzept für den Aufstieg der Mainmetropole zur modernen Messestadt, das auf die Festhalle als zentralem Ausstellungsraum baute. Am 1. Oktober 1919 wurde die erste Internationale Einfuhrmesse in und an der Festhalle eröffnet. Bis 1925 entstand auf dem Gelände nach und nach eine „Messestadt“, etwa mit dem „Haus Offenbach“ (1920), dem „Haus der Technik“ (1922), dem „Haus Schuh und Leder“ (1923) und dem „Haus der Moden“ (1925), meist schnell errichteten modernen Zweckbauten. Nach der Frühjahrsmesse 1929 wurde die Frankfurter Internationale Messe jedoch aus wirtschaftlichen Gründen zunächst eingestellt. Dafür konzentrierte sich die Messe- und Ausstellungsgesellschaft künftig als Veranstalterin auf Fachmessen und -ausstellungen wie etwa die inzwischen legendäre „Internationale Kochkunst-Ausstellung“ (IKA) und die bis heute bestehende „Ausstellung für chemisches Apparatewesen“ (Achema).

Sechs-Tage-Rennen, Buchmesse und Rockkonzerte

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die durch einen Großbrand und Luftangriffe schwer beschädigte Festhalle wieder aufgebaut und zur Frühjahrsmesse im März 1950 neu eröffnet. Es begann der Aufstieg Frankfurts zu dem internationalen Messestandort in der Bundesrepublik. Zu besonderen Publikumsmagneten der Nachkriegszeit entwickelten sich die Frankfurter Buchmesse und die seit 1951 ebenfalls in Frankfurt ausgerichtete Internationale Automobilausstellung (IAA). Aber die Festhalle lockte die Besucherscharen auch zu Sportveranstaltungen, etwa zum Sechs-Tage-Rennen, das von 1951 bis 1983 wieder seine Runden dort drehte. Das Festhallen-Reitturnier, das zum ersten Mal 1934 stattfand, wird nun seit 1955 in der Halle ausgetragen, und Boris Becker gewann hier 1992 und 1995 die ATP-Weltmeisterschaften im Tennis. Seit am 18. Juli 1970 das erste Rockkonzert (übrigens mit der Gruppe Led Zeppelin) über die Bühne der Festhalle ging, hat sich der Bau außerdem als Veranstaltungsort für populäre Musikevents etabliert. Dazu trug auch der 43 Millionen Mark teure Umbau zur modernen Mehrzweckhalle 1986 bei. In jüngster Zeit, von 2004 bis 2007, wurde die Festhalle erneut restauriert. Dank der denkmalgerechten Rekonstruktion erstrahlt die „Grande Dame“ nun pünktlich zu ihrem 100. Geburtstag in neuem altem Glanz.

Sabine Hock

Service PRESSE.INFO, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Feature vom 16.06.2009

Literaturhinweis:
Thomas Bauer „100 Jahre unter einer Kuppel – Die Geschichte der Festhalle Frankfurt.“ Hg. Messe Frankfurt GmbH, Frankfurt 2009, 19.90 Euro.

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