Eine perfekte Kulisse für den Weihnachtsmarkt

Vor 25 Jahren wurde die Fachwerkfront auf dem Römerberg eingeweiht

Schon vor Jahrzehnten wurde in Frankfurt über die Rekonstruktion im Krieg zerstörter Altstadthäuser diskutiert. Mit der von 1981 bis 1983 wieder aufgebauten „Ostzeile“ am Römerberg entstanden sieben Häuser in alter Fachwerkschale neu. Damals nicht unumstritten, sind sie heute zu einem der begehrtesten Foto-Motive von Touristen am Main geworden.

Frankfurt am Main (pia) Bis heute sind sie heiß geliebt und heftig umstritten: die sieben Fachwerkhäuser der wieder aufgebauten Ostzeile auf dem Römerberg. Großer Engel, Goldener Greif, Wilder Mann, Kleiner Dachsberg, Großer und Kleiner Laubenberg, Schwarzer Stern - schon ihre Namen klingen in den Ohren traditionsbewusster Frankfurter wie Musik aus alter Zeit. Als „neuen Identifikationspunkt der Stadt“ ließ Oberbürgermeister Walter Wallmann Anfang der achtziger Jahre die kriegszerstörte Häuserzeile gegenüber dem Rathaus Römer wieder auferstehen. Mancher kritische Bürger konnte allerdings in den „Knusperhäuschen“ die historische Identität der Stadt nicht entdecken. Doch erst durch die Ostzeile ist der Römerberg wieder zu Frankfurts „gut Stubb“ geworden. Auch als romantische Kulisse für den Weihnachtsmarkt sind die Fachwerkhäuser wirklich perfekt, und längst ist die Häuserzeile zu einer der meistfotografierten Sehenswürdigkeiten in Frankfurt geworden.

Das Original wurde 1944 von Bomben zerstört

Vor 25 Jahren, passend zur Eröffnung des Weihnachtsmarkts am 24. November 1983, wurde die wieder aufgebaute Ostzeile auf dem Römerberg stimmungsvoll eingeweiht. Das Original war bei den alliierten Luftangriffen auf die Frankfurter Altstadt im März 1944 zerstört worden. Schon im Oktober 1946 startete der legendäre Nachkriegsoberbürgermeister Walter Kolb mitten auf dem Römerberg den Bürgereinsatz zur Enttrümmerung der Innenstadt. Bald wurden auch die letzten Reste der echten Ostzeile, insbesondere das steinerne Erdgeschoss des Großen Engels (1950), abgeräumt. Nach einer intensiven und kontroversen stadtplanerischen Debatte legte Kolb endlich am 15. Mai 1952 den Grundstein für den Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt - in moderner Gestalt. An den besonders geschichtsträchtigen „Dom-Römer-Bereich“ jedoch wagten sich Kommunalpolitik und Stadtplanung noch lange nicht so recht heran. Von 1947 bis 1980 soll es insgesamt acht Architektenwettbewerbe für dieses hochsensible Areal gegeben haben. Ständig wurde geplant und wieder verworfen.

Rudi Arndt brachte den Stein ins Rollen

Es war der als völlig ahistorisch verrufene Oberbürgermeister Rudi Arndt („Dynamit-Rudi“!), der den Stein schließlich ins Rollen brachte: Zu Weihnachten 1974 wünschte er sich, auf dem Römerberg sollten Bauten „in der Art der ehemaligen Altstadthäuser entstehen“. In einer daraufhin unternommenen Bürgerumfrage meldeten sich begeistert zahlreiche Urfrankfurter, die „ihre“ Altstadt wieder haben wollten. Arndts Idee griff die neue CDU-Stadtregierung unter Oberbürgermeister Walter Wallmann 1977 auf. Im Juli 1978 beschlossen Stadtverordnetenversammlung und Magistrat, „die Ostseite des Römerbergs historisch, wie vor der Zerstörung der Frankfurter Altstadt, wiederaufzubauen“. Am 30. Januar 1981 machte Wallmann den „ersten Spitzhackenstich“ auf dem Römerberg.

Moderne Technik hinter der historischen Front

Nur knapp 19 Monate später, am 14. August 1982, feierte der OB mit über 5.000 gutgelaunten Bürgern das Richtfest auf dem Römerberg. Um 11.25 Uhr zog ein Baukran die Richtkrone über die sieben Fachwerkhäuser, die sich im Rohbau noch eingerüstet präsentierten. Als fast genau ein Jahr später die ersten Gerüste fielen, notierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Den Frankfurtern, die sich der Altstadt noch erinnern, wird diese Ostzeile fremd, wenn nicht gar befremdlich, vorkommen.“ Denn wie ein „unrealistisches Plastikmodell“, so die FAZ, wirkten die frisch gebauten Häuser, denen die Patina des Vorbilds ja noch fehlen musste. Eine absolut originalgetreue Rekonstruktion war aufgrund der ziemlich lückenhaften Überlieferung von Plänen, Bildern und anderen Dokumenten unmöglich gewesen, und selbst im Falle des Schwarzen Sterns, von dem einige Spolien eingelagert worden waren, konnte kein originaler Stein verwendet werden. Die Architektenbüros Dr. Schirmacher (für die Ostzeile) und Heinrici + Geiger (für den Schwarzen Stern) mussten sich vielmehr auf eine historisierende Nachbildung mit einer möglichst stimmigen atmosphärischen Wirkung beschränken. Für heutige Wohn- und Geschäftszwecke sind die Fachwerkhäuser nur zu nutzen, weil sich hinter ihrer mittelalterlichen Front eine zweite Zeile in postmodernem Stil verbirgt, in der Treppenhäuser und Technik untergebracht sind.

Der Wiederaufbau der Altstadt soll weitergehen

Auch nach der Einweihung der neuen Ostzeile im November 1983 wurde auf dem Römerberg weiter gebaut. Erst mit der Errichtung der Kulturschirn und einer Reihe Stadthäuser in der Saalgasse in postmoderner Architektur war der Wiederaufbau des Bereichs zwischen Dom und Römer 1986 vollendet. Als städtebauliches Exempel aus den achtziger Jahren hat die Ostzeile gerade in jüngster Zeit wieder Aktualität erlangt: in der Diskussion um den Wiederaufbau weiterer Teile der Altstadt, den die Stadt Frankfurt nun ins Auge gefasst hat.

Sabine Hock

Service PRESSE.INFO, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Feature vom 18.11.2008

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