Maxe war Goethes Lebensglück

Zum 250. Geburtstag von Maximiliane Brentano

Am 3. Mai 1756 wurde Maximiliane von La Roche in Mainz geboren. Als Gattin des Handelsherrn Peter Anton Brentano lebte sie ab 1774 in Frankfurt. „Maxe“, die in inniger Verbindung mit Goethe stand, ist im Alter von nur 37 Jahren in der Mainstadt gestorben. Sohn Clemens und Tochter Bettine haben als Dichter der Romantik Literaturgeschichte geschrieben.

Frankfurt am Main (pia) Goethe hat ihr ein literarisches Denkmal gesetzt. In seinem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ gab er der Lotte die schwarzen Augen von „Maxe“. Den Dichter hatte die damals 16 Jahre alte Maximiliane von La Roche im September 1772 in ihrem Elternhaus kennen gelernt. Knapp anderthalb Jahre später, kurz vor der Niederschrift des „Werthers“, traf sie ihn in seiner Vaterstadt Frankfurt wieder, wo sie inzwischen als Gattin des Handelsherrn Peter Anton Brentano lebte. Im Laufe ihrer Ehe gebar Maximiliane zwölf Kinder, eine andere Generation, die eine neue Epoche in der Kultur mitbegründete. Vor allem der 1778 geborene Sohn Clemens Brentano und die sieben Jahre jüngere Tochter Bettine prägten die Romantik in der Literatur. Maximiliane Brentano darf somit - im wahrsten Sinne des Wortes - als die Mutter der deutschen Romantik gelten.

Vor 250 Jahren, am 3. Mai 1756, wurde Maximiliana Euphrosyna Franck von La Roche in Mainz geboren. Ihre Mutter Sophie von La Roche, eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen ihrer Zeit, wurde 1771 mit dem Briefroman „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ berühmt. In Thal-Ehrenbreitstein, dem Wohnort der Familie bei Koblenz, unterhielt sie einen literarischen Salon, dessen prominente Gäste Maximiliane schon früh als ein Wunder an Grazie und Liebreiz umwarben. Der Dichter Wieland, einst Sophies Verlobter, schwärmte von ihr als „adorable Sylphide". Madame de La Roche duldete den Kult um ihre Maximiliane, solange darüber die „chère Maman“ nicht vergessen wurde.

Auf Empfehlung seines Darmstädter Freundes Johann Heinrich Merck kam Johann Wolfgang Goethe im September 1772 ins Haus La Roche. Der junge Rechtspraktikant am Reichskammergericht in Wetzlar war wegen seiner unglücklichen Liebe zu der bereits verlobten Charlotte Buff von dort überstürzt aufgebrochen - zu einer mehrtägigen Wanderung an Lahn und Rhein, die in Thal-Ehrenbreitstein endete. Dort fühlte er sich bald angezogen von der schönen Maximiliane, die, wie er später in „Dichtung und Wahrheit“ schrieb, „freilich nicht anders als liebenswürdig war: eher klein als groß von Gestalt, niedlich gebaut; eine freie anmutige Bildung, die schwärzesten Augen und eine Gesichtsfarbe, die nicht reiner und blühender gedacht werden konnte“. Nach einigen vergnüglichen Tagen „reicher Unterhaltung“ kehrte Goethe nach Frankfurt zurück.

Bald darauf wurde Maximiliane mit Peter Anton Brentano verheiratet, einem der erfolgreichsten Kaufleute in Frankfurt, der durch europaweiten Handel mit Gewürzen, Zucker, Kaffee, Tee, Tabak, Öl und Farben zu Wohlstand und Ansehen gekommen war. Sophie, die in ihrem „Sternheim“-Roman noch die Verachtung von Reichtum gepredigt hatte, fragte in diesem Fall nicht lange nach den Neigungen der Tochter. Nach dem ersten, eher flüchtigen Treffen mit dem 21 Jahre älteren Witwer wurde sofort die Verlobung bekannt gegeben. Noch am Tage der Hochzeit am 9. Januar 1774 übersiedelte Maximiliane nach Frankfurt, als Hausherrin im Nürnberger Hof in der Frankfurter Altstadt und als Stiefmutter von fünf Kindern. Mit einem Schlag sah sich die junge Frau „aus dem heiteren Thal-Ehrenbreitstein und einer fröhlichen Jugend in ein düster gelegenes Handelshaus versetzt“ (Goethe), wo es, wie Merck lästerte, überall nach Öl und Käse stank.

Maximiliane wurde allgemein bedauert, am heftigsten von ihrer Mutter, die, so Goethe, „sich nicht recht in den Zustand finden“ konnte, „den sie doch selbst ausgewählt hatte“. Tatsächlich gewöhnte sich Maximiliane anfangs nur schwer an ihre neue Umgebung und Rolle, auch wenn „ihr nichts abging und ihr Gemahl ihr nichts verwehrte“. Brentano war klug genug, seiner jungen Frau den Umgang mit Goethe nicht zu verbieten. Der ging daher im Haus der Familie ein und aus, musizierte mit Maxe, spielte mit den Kindern. „Die Maxe“, schrieb Goethe in einem Brief, „ist noch immer der Engel, der mit den simpelsten und werthesten Eigenschaften alle Herzen an sich zieht, und das Gefühl, das ich für sie habe, worinn ihr Mann nie Ursache zur Eifersucht finden wird, macht das Glück meines Lebens.“ Dennoch kam es offenbar zu Spannungen, denen Goethe sich entzog, indem er sich zur Niederschrift des „Werthers“ entschloss. In dem Roman verschmolz er Charlotte Buff und Maximiliane Brentano zur Figur der Lotte.

Nach Goethes Wegzug nach Weimar 1775 fügte sich „die gute Max“, wie Goethes Mutter sie nannte, schließlich in ihr Schicksal. Seit 1777 lebte die Familie standesgemäß im eigenen Haus zum Goldenen Kopf in der Großen Sandgasse, wo am 4. April 1785 auch Bettine geboren wurde. Die Kinder, vor allem der Dichtersohn Clemens, liebten die Mutter abgöttisch. Im Januar 1793 besuchte Goethe seine Maxe noch einmal. Nach all den Jahren der Trennung fand er, dass sie nichts von der Schönheit ihrer Gestalt und dem Zauber ihres Wesen verloren habe. Wenige Monate später, am 19. November 1793, starb Maximiliane Brentano plötzlich und unerwartet im Alter von nur 37 Jahren.

Sabine Hock

Wochendienst, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Nr. 16 vom 25.04.2006

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