Mehr Licht für Frankfurt

Oskar von Miller brachte Frankfurt auf den Weg zur Elektrifizierung

Am 16. Mai 1891 wurde die Internationale Elektrotechnische Ausstellung in Frankfurt eröffnet. Sie stellte die Weichen für den Bau eines ersten zentralen Kraftwerks, das Frankfurt mit elektrischer Energie versorgte. Der Organisator und technische Leiter der Ausstellung, Oskar von Miller, wurde vor 150 Jahren, am 7. Mai 1855, in München geboren.

Frankfurt am Main (pia) Am 25. August 1891 gab es in Frankfurt eine Weltsensation. Pünktlich um 12 Uhr mittags flammten auf der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung genau 1.000 Glühbirnen auf. Spektakulär war damals nicht die Beleuchtung durch Elektrizität an sich, sondern die Herkunft des hierfür verwendeten Stroms: Er kam nämlich aus 175 Kilometer Entfernung. In einem Wasserkraftwerk in Lauffen am Neckar erzeugte ein Drehstromgenerator die elektrische Energie, die auf 15.000 Volt hochgespannt, dann ohne allzu große Übertragungsverluste nach Frankfurt geleitet und hier auf die Gebrauchsspannung herunter transformiert wurde. Für die Fernleitung vom Neckar an den Main hatte die Reichspost innerhalb von nur sechs Wochen über 3.200 Masten setzen müssen, an denen dann Kupferdraht im Gesamtgewicht von etwa 60.000 Kilogramm gespannt wurde. Der Aufwand hatte sich gelohnt. Das Großexperiment zeigte erstmals, dass sich Strom über weitere Strecken übertragen ließ. Damit war die Grundlage für die breite Versorgung mit elektrischer Energie gegeben.

Verantwortlich für das Experiment der „Lauffener Kraftübertragung“ zeichnete Oskar von Miller, der Organisator und technische Leiter der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung, der vor 150 Jahren, am 7. Mai 1855, in München geboren wurde. Der Initiator der Ausstellung, Leopold Sonnemann, hatte den bereits renommierten Ingenieur nach Frankfurt geholt. Seit 1883 leitete Miller, gemeinsam mit Emil Rathenau, die „Deutsche Edison-Gesellschaft“ (die spätere „Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft - AEG“) in Berlin. In den kommenden Jahrzehnten, nicht zuletzt dank des geglückten Experiments der „Lauffener Kraftübertragung“ auf der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt, war Miller mit seinem in München angesiedelten Ingenieurbüro führend auf dem Gebiet der Energiewirtschaft. Der Pionier der Elektrotechnik, der 1903 das Deutsche Museum gründete, starb am 9. April 1934 in München.

Das Projekt zum Ausbau der Energieversorgung durch die Errichtung eines zentralen Elektrizitätskraftwerks wurde in Frankfurt bereits seit den 1880-er Jahren diskutiert. Im Januar 1887 hatte Oberbürgermeister Johannes Miquel sogar eigens eine Elektrizitätskommission eingesetzt. Sie kam in jahrelanger Arbeit zu keinerlei Ergebnis, da sich Fachleute und Kommunalpolitiker nicht über das zu wählende Stromsystem einigen konnten: Gleichstrom oder Wechselstrom? Da machte der Stadtverordnete Leopold Sonnemann, der Gründer und Herausgeber der Frankfurter Zeitung, im Herbst 1889 den erlösenden Vorschlag, die Entscheidung durch eine Internationale elektrotechnische Ausstellung in Frankfurt herbeizuführen. Innerhalb von anderthalb Jahren stampften Sonnemann und Miller als Vorsitzende des Ausstellungskomitees die gigantische Schau aus dem Boden, die satzungsgemäß bezweckte, „ein thunlich getreues Bild des gegenwärtigen Standes der Elektrotechnik sowohl in Deutschland als im Ausland zu geben“.

Am 16. Mai 1891 wurde die Internationale Elektrotechnische Ausstellung in Anwesenheit der Kaiserin eröffnet. Auf dem mit etwa 70.000 Quadratmeter riesigen Ausstellungsgelände vor dem Hauptbahnhof wurden neugierigen Laien wie interessierten Fachleuten allerhand Attraktionen geboten, so dass die bis zum 19. Oktober 1891 dauernde Schau - trotz des verregneten Sommers - fast 1,2 Millionen Besucher hatte. Außer der 128 Meter langen Maschinenhalle im Zentrum der Ausstellung gab es weitere Hallen etwa für Installation, Telegraphie, Telephonie, Eisenbahn- und Signalwesen, Elektrochemie und Medizin. Zur vergnügten Unterhaltung dienten Theater, Irrgarten, Fesselballonanlage und eine Kunstausstellung, die natürlich alle mit sämtlichen elektrotechnischen Raffinessen ausgestattet waren. Mit dem Aufzug konnte man auf den 45 Meter hohen Aussichtsturm am Hauptbahnhof gelangen, oder mit der elektrischen Bahn in ein künstliches Bergwerk oder auf das Außengelände am Main fahren, wo es eine Marineausstellung mit Leuchtturm gab. Für das leibliche Wohl sorgten zahlreiche Restaurationen, von der American Bar bis zur oberbayerischen Gebirgswirtschaft „Zum fidelen Transformator“. Wichtige Experimente wurden auf der Schau ausgeführt, etwa zum Antrieb von elektrischen Straßenbahnen. Auch die erste Opernübertragung - von München nach Frankfurt - glückte damals.

Der wichtigste Erfolg der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung 1891 war jedoch jene „Lauffener Kraftübertragung“, die zunächst 1.000 Glühlampen und später auch einen künstlichen Wasserfall betrieb. Sie bedeutete den Durchbruch in der Energieübertragung durch Wechselstrom. Auch in Frankfurt wurde nun das lange projektierte „zentrale Kraftwerk“ gebaut. Die Stadt entschied sich, u. a. auf ein Gutachten von Oskar von Miller hin, natürlich für das Wechselstrom-Transformatoren-System. Nach kaum einjähriger Bauzeit ging Frankfurts Elektrizitätswerk, die erste „Wechselstrom-Kraftzentrale“ in Europa, am 8. Dezember 1894 ans zunächst 42 Kilometer lange Netz - für die Straßenbeleuchtung und zur Versorgung der Haushalte mit elektrischem Strom.

Sabine Hock

Wochendienst, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Nr. 16 vom 26.04.2005

Seitenanfang