Vom Verkehrslüster zur elektronischen Steuerung

Die erste Ampel in Frankfurt wurde vor 75 Jahren installiert

In den sechziger Jahren nahm sich die Stadt die elektronische Zentralsteuerung ihrer Signalanlagen vor - ein Ziel, das mit der Eröffnung der neuen Verkehrsleitzentrale im Jahr 1992 erreicht wurde. Ganz am Anfang dieser Entwicklung stand jene Verkehrsampel, die an der Kreuzung Kaiserstraße/Neue Mainzer Straße am 7. April 1930 als erste in Betrieb ging.

Frankfurt am Main (pia) Am ersten Samstag im April vor 75 Jahren wurden die Frankfurter ins „Großstadtverkehrs-Examen“ geschickt. Denn, wie die Presse stolz berichtete, an diesem Tag leuchtete probeweise die erste Verkehrsampel in Frankfurt, die soeben über der viel befahrenen Kreuzung Kaiserstraße / Neue Mainzer Straße angebracht worden war. „Die Sache ist für jeden, der nicht gerade farbenblind ist, höchst einfach“, meinten die Frankfurter Nachrichten. Sicherheitshalber erläuterte die Zeitung aber noch einmal die Bedeutung der roten, gelben und grünen Lichter „dieses neuen Verkehrslüsters“. Für die Fußgänger gelte eigentlich nur eine Farbe, erklärte das Blatt, nämlich - rot! Da nur eine einzige Ampel, die genau im Schnittpunkt der Straßenkreuzung hing, den Verkehr dort regelte, durften die Fußgänger bei Rotlicht für den Querverkehr gehen. Das gleichzeitige grüne Signal für den Parallelverkehr konnten sie nicht oder nur schlecht einsehen.

Nach bestandenem Test am Samstag ging Frankfurts erste Ampel ab Montag, den 7. April 1930, in den Probebetrieb. Noch wurde die Lichtsignalanlage manuell geschaltet, von einem Verkehrspolizisten, der an einem Schaltkasten auf dem Trottoir die Ampel bediente. So blieben dem Schupo wenigstens seine oft lebensgefährlichen „Turnübungen“ mitten auf der Kreuzung erspart. Allerdings konnte er von seinem Standort am Straßenrand den Verkehr meist gar nicht überblicken, da er stets von Scharen neugieriger Passanten umringt war. Nach einer Woche wurde daher die neue Ampel schon wieder abgeschaltet und auf automatischen Betrieb mit festen Zeittakten umgerüstet. Mit zunehmendem Fahrverkehr häuften sich jedoch die Unfälle gerade auf jener modernen Ampelkreuzung. Die Hängeampel hatte nur über der Oberleitung der Straßenbahn installiert werden können und hing deshalb so hoch, dass sie gerade von ortsfremden Autofahrern oft gar nicht bemerkt wurde. Bereits im Jahr 1937 entfernte deshalb das Bauamt die Ampel wieder.

Kriegsbedingt kamen Lichtsignalanlagen zur Verkehrsregelung in Frankfurt erst wieder ab 1951 zum Einsatz. Mit zwölf Ampelanlagen vom Platz der Republik über den Bahnhofsplatz bis zur Friedensbrücke installierte die Stadt damals eine „Grüne Welle“, die erste in der Bundesrepublik, und setzte damit Maßstäbe in der automatischen Ampelsteuerung. Von der Schaltzentrale im Polizeipräsidium aus wurde der Verkehr auf der Grünen Welle mit vier verschiedenen, auf die tageszeitlichen Änderungen des Verkehrsflusses abgestimmten Programmen geregelt. Ab 1956 war es außerdem möglich, in der Zentrale über Fernsehbildschirme den Verkehr an neuralgischen Kreuzungspunkten zu beobachten und vom Pult aus in die Ampelschaltungen einzugreifen. Der rasant zunehmende Verkehrsstrom löste nun eine geradezu hektische Aktivität beim Aufbau eines Netzes signalgesteuerter Kreuzungen in der Stadt aus. Im Jahr 1960 waren in Frankfurt bereits 156 Ampelanlagen in Betrieb.

Mit dem Einsatz der aus dem Fernmeldewesen entlehnten Relaistechnik in der Verkehrsregelung hatte Frankfurt in den fünfziger Jahren Pionierleistungen vollbracht. Bereits 1966 beschloss die Stadt dann den Aufbau einer elektronischen Zentralsteuerung der Signalanlagen. Noch im selben Jahr wurde im Unteramt in Sachsenhausen erstmals ein elektronisch gesteuerter Verkehrsrechner eingesetzt. Nach und nach entstanden sieben elektronische Steuerzentralen im Stadtgebiet, die später von einer Zentrale aus koordiniert werden sollten. Im neuen Unteramt Bornheim konnten seit 1982 erstmals rechnergesteuerte Programme verkehrsabhängig geschaltet werden, indem der Computer durch Induktionsschleifen gemeldete Verkehrsdaten auswertete und umsetzte. Auf dem Alleenring zwischen Miquel- und Saalburgallee wurde die erste größere Strecke mit zentraler verkehrsabhängiger Ampelsteuerung in Frankfurt eingeweiht. Mit der Eröffnung der neuen Verkehrsleitzentrale an der Konrad-Adenauer-Straße 1992 wurde das System der zentralen elektronischen Verkehrslenkung in der Stadt vollendet.

Heute gibt es in Frankfurt 797 Lichtsignalanlagen, von denen 567 zentral über Verkehrsrechner gesteuert werden. Derzeit wird gerade ein neuer Verkehrsrechner aufgesetzt. In einem Projekt wird außerdem ein „Verkehrs-System-Management“ aufgebaut, um den Gesamtverkehr in der Stadt sowie der Rhein-Main-Region zu erfassen. Stets wird daran gearbeitet, die verkehrsabhängige Steuerung des Straßenverkehrs noch besser zu koordinieren und dadurch zu perfektionieren. Am rot-gelb-grünen Farbenprinzip der Ampel hat sich jedoch seit 75 Jahren nichts geändert. Allerdings musste sich auch die gute alte Ampel gerade in den letzten Jahrzehnten einige Experimente an ihrer Gestalt gefallen lassen. Durchgesetzt haben sich die akustischen Ampeln für Blinde (ab 1980) und die Sicherheitsampeln an Straßenbahnhaltestellen (ab 1987). Ein Flop waren die „Blauen Ampeln“ oder auch Umweltampeln (ab 1988), die bei längeren Wartezeiten an der Kreuzung dazu aufforderten, zur Verringerung der Schadstoffemission den Motor abzustellen. Gerade hat die Frankfurter Straßenverkehrsbehörde die „Intelligente Ampel“ für Zebrastreifen vorgestellt, die über Infrarotbarken erkennt, ob sich ein Fußgänger dem Überweg nähert, und dann den Autofahrer mittels einer Leuchtschrift mahnt, langsam zu fahren. Sobald der Fahrer vom Gas geht, bedankt sich die Anlage sogar bei ihm.

Sabine Hock

Wochendienst, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Nr. 12 vom 29.03.2005

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