Das Bild vom Römer geht schon lange um die Welt

Vor 600 Jahren erwarb der Rat der Stadt das Frankfurter Rathaus

Vor 600 Jahren wurde „der Römer“ zum Rathaus der Stadt Frankfurt. Bis heute wird die Mainmetropole von hier aus regiert. Die Oberbürgermeisterin residiert in ihrem Amtszimmer über der Schwanenhalle mit Blick zur Paulskirche sogar noch immer am selben Platz wie fast alle Amtsvorgänger. Aber nicht nur Stadt-, auch Reichsgeschichte wurde im Römer geschrieben.

Frankfurt am Main (pia) Schon ab 1329 tagte der Rat oft in dem repräsentativen Patrizierhaus zum Römer. Das erste Frankfurter Rathaus, das an der Stelle des heutigen Domturms stand, war längst zu eng geworden. König Ludwig der Bayer erteilte daher der Stadt bereits am 20. Juni 1329 die Erlaubnis, „ein ander Rathuse“ zu errichten. Für dieses und andere Bauvorhaben sollte die Kommune eigens eine Anleihe aufnehmen können. Aber die bewilligten Mittel wurden wohl von der Wiederherstellung der 1306 eingestürzten Mainbrücke verschlungen. Um 1400 war das alte Rathaus dann endgültig baufällig. Schon wurden Mainsandsteine für einen Neubau aus Miltenberg herbeigeschafft und auf dem Römerberg gestapelt. Doch dann entschied sich der Rat, zwei bestehende Patrizierhäuser als neuen Sitz von Stadtregierung und Schöffengericht zu erwerben. Am 11. März 1405 schloss er den Kaufvertrag über das Haus zum Römer und das rechtwinklig dahinter liegende Haus zum Goldenen Schwan. Der Vorbesitzer, die Familie zum Römer, erhielt dafür 800 Gulden Frankfurter Währung sowie eine jährliche Leibrente von 65 Gulden.

Da Frankfurt durch die Goldene Bulle von 1356 zum Wahlort der deutschen Könige bestimmt worden war, wurde fortan im Römer nicht nur Stadt-, sondern Reichsgeschichte geschrieben. Die Ratsstube im Römer diente den Kurfürsten und deren Vertretern zur Zeit der Königswahl immer als Beratungsraum, bevor sie den eigentlichen Akt der Wahl in der Kapelle im Dom vollzogen. Nachdem Frankfurt 1562 auch zur Krönungsstadt der deutschen Könige und Kaiser aufgestiegen war, rückte der Römer noch mehr in den Blickpunkt. Nach der Krönung im Dom schritt der neue Herrscher traditionell zum Krönungsmahl im Kaisersaal des Römers. Wenn er sich dem feiernden Volk auf dem Römerberg zeigen oder die dortige Ausübung der Erzämter beobachten wollte, musste er wohl aus dem Fenster schauen. Denn den - heute durch König Fußball so berühmten - „Erscheinungsbalkon“ gab es damals noch nicht. Dieser wurde später, im Zuge der neogotischen Fassadenumgestaltung in wilhelminischer Zeit (1896-1900), angebaut.

Nicht erst seit das Fernsehen die Szenen mit Fußballmeistern auf jenem Balkon sendet, gingen Bilder des Römers um die Welt. Schon durch die „Krönungsdiarien“, illustrierte Alben, die zur Erinnerung an die Feierlichkeiten zur Krönung eines jeden Kaisers angefertigt und veröffentlicht wurden, wurden Ansichten des Frankfurter Rathauses bekannt. Der Römer mit seiner charakteristischen Dreigiebelfront wurde zum Wahrzeichen der Stadt. Dabei gehörte zum Rathaus zunächst nur das mittlere der drei treppengiebeligen Häuser. Dessen Name Römer übertrug sich bald auch die Nachbarn und später sogar auf den gesamten Rathauskomplex. Das Haus Löwenstein zur Rechten und das Haus Alt-Limpurg zur Linken des eigentlichen Römers konnte die Stadt erst 1596 bzw. 1878 hinzu erwerben. Insgesamt hat sie ihren Gebäudekomplex um den Römer ständig erweitert und modernisiert, damit Frankfurt zu allen Zeiten über ein repräsentatives wie funktionales Rathaus verfügen konnte.

Seine politische Bedeutung als „hus des riches“ (Haus des Reichs) büßte der Römer allerdings mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806 ein. Im Jahr 1848 sollte zwar noch einmal an die große Vergangenheit des Bauwerks angeknüpft werden: Eigentlich wollte die Nationalversammlung damals im Kaisersaal tagen. Aber das erste frei gewählte deutsche Parlament musste dann aus Platzgründen in die benachbarte Paulskirche verlegt werden.

Zwei Jahre zuvor war auch eine andere Tradition im Römer zu Ende gegangen. Bis 1846 war in seinen Gewölbehallen im Erdgeschoss reger Handel getrieben worden, wie es sich in der alten Messestadt am Main gehörte. Beim Umbau zum Rathaus (1405-1408) hatte der Rat die Römerhallen eigens für Messezwecke ausgestalten lassen. Auch früher schon hatten Kaufleute zur Messe hier Quartier genommen, zumeist Handelreisende aus Italien, woran der Namen des Hauses erinnert. Das Haus gleich links neben dem Römer (das spätere Haus Alt-Limpurg) hieß bis 1495 Laderam, was eine Verballhornung von „Lateran“ ist, dem Bischofssitz des Papstes im Rom.

Schon damals mussten sich die Stadtpolitiker im Römer mit größeren wie auch kleineren Problemen befassen. Im Jahr 1493 mussten sie etwa Herr über eine Mäuseplage im Rathaus werden. Kurzerhand wurden einfach sechs Katzen angeschafft. Seitdem heißt es, nicht ohne Anspielung auf die pekuniären Verhältnisse der Stadt, solange es noch Katzen im Römer gebe, seien auch noch „Mäuse“ da. Lebende Katzen hält die Stadt schon lange nicht mehr im Römer. Aber bei der wilhelminischen Fassadengestaltung wurden immerhin einige steinerne Artgenossen auf die Giebel gesetzt. Dort gibt es die „Römerkatzen“, trotz Kriegszerstörung des Rathauses, noch heute. Ob sie dieselbe sprichwörtliche Wirkung haben wie echte Katzen, ist ein gut gehütetes Geheimnis der Stadtkämmerei.

Sabine Hock

Wochendienst, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Nr. 6 vom 15.02.2005

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