Das „Hoch“ zog Schüler aus aller Welt an

Vor 125 Jahren wurde Dr. Hoch’s Konservatorium gegründet

Benannt nach seinem Stifter Dr. Joseph Hoch und am 22. September 1878 feierlich eröffnet, entwickelte sich das Konservatorium zu einer Musikschule mit internationalem Renommee. Die Pianistin Clara Schumann war die prominenteste Lehrerin an der Musik-Institution, aus der bedeutende Musiker wie z.B. Paul Hindemith oder Hans Pfitzner hervorgegangen sind.

Frankfurt am Main (pia) Zu Lebzeiten war der Stifter ein Geizkragen. Der Advokat Dr. Joseph Hoch (1815-1874) verriet noch nicht einmal seiner Frau, wofür er sparte. Erst als der 59 Jahre alte Eigenbrötler am 19. September 1874 an Auszehrung gestorben war und sein Testament eröffnet wurde, wurde sein „liebster Wille“ bekannt: Er stiftete sein gesamtes Vermögen in Höhe von rund 900.000 Goldmark, um in seiner Vaterstadt Frankfurt „eine Anstalt für Musik unter dem Namen ‚Dr. Hoch’s Conservatorium‘ zu gründen und zu unterhalten“. Niemals, so hatte Hoch verfügt, dürfte sich das Konservatorium umbenennen.

Heute hat der Name nicht nur in Frankfurt einen guten Klang. Vor 125 Jahren, am 22. September 1878, wurde Dr. Hoch’s Konservatorium feierlich eröffnet. Unter der Leitung des Komponisten Joachim Raff, der renommierte Lehrkräfte wie die Pianistin Clara Schumann und den Sänger Julius Stockhausen zu gewinnen verstand, genoss „das Hoch“ bald überregionalen Ruf. Bis in die dreißiger Jahre hinein zog es Eleven aus aller Welt an, insbesondere aus der Schweiz und den angelsächsischen Ländern, sogar aus Australien.

Bei aller Anerkennung blieben jedoch interne Querelen nicht aus. Direktor Raff hatte sein Kollegium aus Anhängern sowohl der „Neudeutschen Schule“ (um Wagner) wie der traditionalistischen Richtung (um Brahms) zusammengestellt, um den Schülern ein möglichst breites Musikspektrum anbieten zu können. Schon bald kam es zum Krach in der Lehrerschaft, der vorläufig in Stockhausens Kündigung 1880 und damit einem Triumph der „Neudeutschen“ gipfelte. Nach Raffs Tod 1882 aber setzte dessen Nachfolger, der „Brahmsianer“ Bernhard Scholz, Stockhausens Wiederberufung durch, was die fortschrittlichen Lehrkräfte vertrieb und das Konkurrenzunternehmen des „Raff-Konservatoriums“ errichten ließ.

Unter dem Direktorat von Scholz bezog das bisher im Saalhof am Mainufer untergebrachte Konservatorium 1888 ein eigenes Gebäude in der Eschersheimer Landstraße 4. Der repräsentative Bau im Neorenaissancestil, der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, kam jüngst zu besonderen Ehren: Sein Abbild zierte die Rückseite des Hundertmarkscheins, der Clara Schumann gewidmet war. Die prominenteste Lehrerin und wichtigste Vertreterin der konservativen Richtung am „Hoch“ dürfte jedoch nur selten in dem Gebäude unterrichtet haben, auch wenn sie als Erste Klavierlehrerin bis 1892 amtierte. Bei ihrer Anstellung hatte sie ausgehandelt, ihre täglichen anderthalb Stunden Unterricht im eigenen Haus in der Myliusstraße halten zu dürfen.

Für die Qualität der Ausbildung an Dr. Hoch’s Konservatorium sprachen bald auch die Karrieren ehemaliger Schüler. Prominente Stipendiaten waren etwa die Komponisten Hans Pfitzner und Paul Hindemith. Im Jahr 1921 erreichte die Musikschule, die einst mit 60 Schülern begonnen hatte, den sensationellen Stand von 922 Eleven. Dennoch mussten in jenem Jahr Stadt und Staat erstmals um Zuschüsse angegangen werden, denn das Stiftungsvermögen schmolz infolge der Inflation zusammen.

Ab 1923 erlebte das Konservatorium unter dem Direktorat des Frankfurters Bernhard Sekles, der selbst am „Hoch“ studiert hatte, erneut eine - wenn auch kurze - Blütephase. Deren Aufsehen erregender Höhepunkt war die Gründung einer Jazzklasse unter der Leitung des ungarischen Komponisten Matyás Seiber 1928. Die national gesinnte Presse wetterte vehement dagegen. Wenige Monate nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 wurden Sekles und Seiber entlassen. Im Jahr 1938 ging die Staatliche Hochschule für Musik aus dem Hoch’schen Konservatorium hervor. Das traditionsreiche Institut wurde dadurch zur Vorschule degradiert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, nachdem das eigene Gebäude und damit das Stiftungsvermögen verloren waren, konnte das 1951 neu eröffnete Konservatorium seine frühere weltweite Bedeutung nicht zurückerlangen. Ab 1967 auf die „Laienarbeit“ reduziert, qualifizierte sich das Institut erst seit den achtziger Jahren allmählich wieder für das Berufsstudium. Seit 1995 kooperiert es mit der Musikhochschule, wodurch u. a. seinen Studierenden der Diplomzugang eröffnet wurde. Im vergangenen Jahr wurde der Studienabteilung der Status einer Musikakademie zuerkannt. Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums kann Dr. Hoch’s Konservatorium somit nicht nur stolz in die Vergangenheit, sondern auch zuversichtlich in die Zukunft blicken.

Sabine Hock

Wochendienst, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Nr. 35 vom 09.09.2003

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