Rückblicke auf eine Frankfurter Parfümeriefabrik

Das Institut für Stadtgeschichte zeigt Material aus seinem Wirtschaftsarchiv

„Die Creme mit Tiefenwirkung - Zur Geschichte der Frankfurter Seifen- und Parfümeriefabrik J.G. Mouson & Co.“ ist der Titel der Ausstellung, die das Institut für Stadtgeschichte ab 12. April zeigt. Die ausgestellten Dokumente stammen aus dem Wirtschaftsarchiv des Instituts, welches noch zahlreiche weitere Schätze aus der Geschichte Frankfurter Firmen birgt.

Frankfurt am Main (pia) - „Dieses Mädchen ist treu“- nein, nicht etwa ihrem Bräutigam, sondern natürlich - so will es jedenfalls ein Werbefilm der 60er-Jahre - der „Creme Mouson“. Jener „Creme mit der Tiefenwirkung“ und ihrem Hersteller, der Frankfurter Seifen- und Parfümeriefabrik J. G. Mouson & Co., widmet das Institut für Stadtgeschichte jetzt eine Ausstellung, die am 12. April eröffnet wird. Damit weiht das Institut zugleich seine neuen Räume ein, die es in seinem alten Domizil im Karmeliterkloster zusätzlich beziehen konnte: den neuen Lesesaal mit dem angrenzenden Ausstellungsraum im Dormitorium, dem ehemaligen Schlafsaal der Mönche.

Ganz und gar nicht einschläfernd wirkt dagegen die Ausstellung. Sie illustriert anschaulich die Geschichte des seit 1798 bestehenden Familienunternehmens. Die Chronik beginnt mit der Quittung über die Gebühr, die der Firmengründer Friedrich August Mouson für den Eintrag in das Frankfurter Bürgerbuch bezahlen musste, und endet mit dem „Mousonturm“, einem Kulturzentrum in einem Gebäude der ehemaligen Fabrik in der Mousonstraße im Ostend, dem einzigem Überbleibsel der ehemals weitbekannten Firma. Den Bogen dazwischen spannen er­folgreiche Produkte des Unternehmens, die die Ausstellung in Muster- und Etikettenbüchern aus dem „Haus mit der Postkutsche“, als Geschenkpackungen für „Creme Mouson“ und "Mouson Lavendel“ oder im einen Hauch von Abenteuer verbreitenden Werbefilm für das Parfüm „Bambus“ von 1969/70 zeigt.

Den Schwerpunkt der Schau hat Ausstellungsmacher Helmut Nordmeyer, der Öffentlichkeitsreferent des Instituts für Stadtgeschichte, auf die Werbung der Firma Mouson aus den Jahren von 1880 bis 1970 gelegt, die manchem Besucher und vor allem mancher Besucherin noch bekannt vorkommen dürfte. Insbesondere den Wandel des Frauenbilds in der Mouson-Werbung will Nordmeyer verdeutlichen: „Die Frauen in der Reklame der 20er-Jahre haben etwas Progressives. Sie sind mondän, burschikos, sportiv. In den 30ern wird der Bubikopf von Naturwelle und Zöpfen abgelöst. Die Werbung zeigt etwa das blonde deutsche Mädel, das die Ernte einbringt und seine Haut mit ,Creme Mouson` vor Sonnenbrand schützt. Die 50er-Jahre knüpfen keineswegs an das Frauenbild der 20er an. Die Damen auf den Plakaten durften nicht allzu mondän sein. Sie sind einerseits zwar sehr fraulich, andererseits aber ziemlich bieder“, erläutert Nordmeyer, was zahlreiche Zeitungsannoncen, Werbemarken, Plakate und Filme in der Ausstellung belegen.

Das reichhaltige Material fand der Historiker im Mousonarchiv, das nach der Übernahme der Firma durch Cassella (1978) zunächst an die Hoechst AG gegangen und von dort 1996 an das Institut für Stadtgeschichte abgegeben wurde. Es ist einer von vielen Beständen des Wirtschaftsarchivs, das 1992 am Institut gegründet wurde und inzwischen knapp anderthalb Kilometer Regalplatz in den Magazinen des Hauses einnimmt. Immer häufiger nutzen Firmen, die keinen Platz mehr haben, umziehen oder gar in Konkurs gehen, das Angebot des Instituts, ihre alten Unterlagen dem Wirtschaftsarchiv zu übergeben. So wurde schon mancherlei Material vor dem Reißwolf gerettet und der historischen Forschung zugänglich gemacht.

Die im Wirtschaftsarchiv repräsentierten Branchen sind breit gefächert: Die ehemals Fahrräder, Automobile und Schreibmaschinen produzierenden Adlerwerke vorm. Heinrich Kleyer AG, der Verein Deutscher Elektrotechniker (VDE), das Bauunternehmen Philipp Holzmann, die Lebensmittelhandelskette Latscha und der FVV, der Frankfurter Verkehrsverbund, sind beispielsweise vertreten. Der bedeutendste Bestand ist jedoch das Bethmannarchiv, das Geschäftsarchiv des Frankfurter Bankhauses, das als Depositum, also als Leihgabe, bereits seit 1965 im Stadtarchiv, dem heutigen Institut für Stadtgeschichte, aufbewahrt wird. Im vergangenen Jahr hat das Bankhaus anlässlich seines 250-jährigen Jubiläums diesen Schatz dem Institut geschenkt. Allein die rund 1300 Geschäftsbücher wie Haupt-, Kassen-, Kontokorrent-, Bilanz- und Auskunftsbücher, die die Firmengeschichte seit der Gründung 1748 dokumentieren, sind von unschätzbarem Wert für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte.

Zwischen all den trockenen Bilanzen, bunten Werbeblättern und anderen historisch wertvollen Materialien findet sich manchmal aber auch Kurioses. So enthält der Bestand der einst renommierten Weinkellerei Schulz & Wagner ein um 1860 angelegtes Rezeptbuch. Es verrät etwa, wie „schimmelnder Wein wohlschmeckend zu machen“ sei, und empfiehlt ein „sonderliches Kunststück, daß der Donner Wein und Bier nicht verderbe, oder darein schlage“: „Nimm eiserne Bleche, lege sie auf die Fäßer und streue Salz oder Kieselstein darauf“, heißt es da. „Desgleichen thun auch die Adlersfedern, und die Haut von einem Meerkalb.“

Sabine Hock

Wochendienst, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Nr. 14 vom 06.04.1999

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