Romantik: Spiel mit Zitaten aus dem Orient
Für die Romantik hatten die Frankfurter offenbar wenig Sinn. Vielleicht trifft hier das Klischee vom nüchternen Sinn der Bürger in der alten Messe- und Handelsstadt zu. Jedenfalls blieben die meisten Bauherren lange, bis zur Annexion der Stadt durch Preußen 1866, dem schlichteren Klassizismus zugetan. Nur wenige verschrieben sich der romantischen Baukunst, obwohl einer deren Vertreter, Friedrich Maximilian Hessemer, seit 1830 als Professor für Architektur am Städel lehrte.
Erzählende Fassade: Maurisches Haus in Frankfurt, Foto: Wolfgang Faust
Umso exotischer wirkt das Maurische Haus in der Blumenstraße, direkt an der Ecke zur Eschenheimer Anlage, das der Maurermeister Johann Friedrich Weinsperger 1856-57 errichtete. Für den orientalischen Stil der Vorstadtvilla ließ er sich wahrscheinlich von Hessemer und dessen Vorlagenwerk „Arabische und altitalienische Bauverzierungen“ inspirieren. Mit mauresken Fächerfenstern, sternförmigen Luken, minarettartigen Eckfialen und reichem Fassadenschmuck von außergewöhnlicher Farbigkeit, wobei die plastischen Ornamente oft in Grün – der Farbe des Propheten – abgesetzt sind, erscheint das Haus wie aus den Märchen von tausendundeiner Nacht. Gerne wird erzählt, dass ein Frankfurter sich in eine ägyptische Schönheit verliebt habe und ihr dieses Haus zum Geschenk machen wollte, was jedoch mit seinem völligen Ruin endete.
Tatsächlich musste der Bauherr Weinsperger eine stattliche Hypothek über 18 000 Gulden für den Prachtbau aufnehmen. Er hat das Haus aber wohl ohnehin nicht für sich, sondern für einen reichen Auftraggeber gebaut, für den er es nur „trocken gewohnt“ hat. Nachweislich verkaufte er das Maurische Haus bald an einen Kaufmann, der seine Vorliebe für den romantischen Baustil von einem längeren Aufenthalt in England mitgebracht hatte. Dort war das Orientalische in der Architektur schon länger in Mode.
Sabine Hock
Frankfurter Rundschau, Immobilienbeilage, Kolumne „Baustile in Hessen“ vom 09.01.2010